Mikrofossilien im Gesteinsdünnschliff

Mikroskopische Bestimmung der Mikrofossilien im Altenberger Stein

Von Proben des Altenberger Kalksteins (in der Bauindustrie als Altenberger Stein bezeichnet) wurden im Institut für Mineralogie der Universität Münster Gesteinsdünnschliffe hergestellt. Die polarisationsmikroskopischen Aufnahmen dazu finden Sie weiter unten. Frau Dr. Christiane Scholz von der Technischen Fachhochschule (TFH) Bochum hat die in den Dünnschliffen auftretenden Fossilienarten bestimmt. Dabei handelt es sich, den geologischen Entstehungsbedingungen des Altenberger Steins entsprechend, um Bewohner eines warmen Flachwassermeeres. Die Bezeichnung der Fossilien hat Frau Dr. Scholz dankenswerterweise mit in die Dünnschliff-Fotos eingetragen und die Lebensbedingungen erläutert, unter denen noch heute lebenden "Nachfahren" dieser Fossilien zu finden sind.

 

Durchlichtmikroskopie des Altenberger Steins

 

Altenberger Stein, Übersichtsaufnahme (Dünnschliff)

Altenberger Kalkstein, Fossilien Übersichtsaufnahmen

Abb.: Altenberger Stein, Übersichtsaufnahme, Foto: Prof. H. Kroll, Universität Münster, Bild öffnen, Fossilienbestimmung: Dr. Chr. Scholz TFH Bochum, Fundort: Altenberge

Zur besseren Erläuterung werden die einzelnen Fossilien aus der Übersichtsaufnahme vorgestellt:

 

Fossile Foraminiferen im Altenberger Stein

Beschreibung:
Foraminiferen sind tierische Einzeller mit ein- oder mehr-kammerigen Gehäusen (multiseriale Foraminiferen), die meist 0,1 bis 2 mm groß werden, nur in Einzelfällen bis 150 mm. Je nach Gehäuse unterscheidet man sandschalige Foraminiferen (textulariide Foraminiferen) oder kalkschalige Foraminiferen, die oft schneckenartig aufgerollt sind (fusulinide und miliolide Foraminiferen).  

Lebensweise:
Foraminiferen können benthonisch vorkommen, d. h. am Boden lebend, festsitzend oder sich frei bewegend, oder auch planktonisch d. h. im Wasser schwebend vorkommen.

Verbreitung und Lebensraum:
Die Verbreitung geht von Tiefseegebieten bis in den Flachwasserbereich. Die Wassertemperaturen können warm oder auch arktisch kalt sein ( Lehmann & Hillmer, 1997). Im Untercampan, in dem der Altenberger Stein abgelagert wurde, ist von einer Flachwassersituation mit Tiefen zwischen 20 - 40 m auszugehen (Lommerzhein, 1991) und Temperaturen, die im gemäßigten bis kühlen Bereich zwischen 10 und 20°C lagen. Foraminiferen kommen heute noch weltweit vor, vgl. www.foraminifera.eu, Stand 31.1.2013.

 

Textulariide (sandschalenartige) Foraminiferen 

Textulariide Foraminifere

Abb.: Textulariide (sandschalenartige) Foraminifere, Foto: Prof. H. Kroll, Universität Münster, Bild öffnen, Bestimmung: Dr. Chr. Scholz TFH Bochum, Fundort: Altenberge, Bildbreite ca. 0,5 mm

Bei den textulariiden, d.h. sandschaligen Foraminiferen, ist das Gehäuse aus Fremdkörpern, in diesem Fall aus Sandkörnern zusammengesetzt. Bei fusuliniden und milioliden Foraminiferen ist das Gehäuse kalkig ausgebildet und häufig schneckenartig aufgerollt. Das Gehäuse ist perforiert, damit das Tier mit seinen Scheinfüßchen Nahrung aufnehmen oder sich auch fortbewegen kann (Lehmann & Hillmer, 1997). Weiter unten im Abschnitt "Polarisationsaufnahme Altenberger Stein, Foraminifere und Ostrakode" finden Sie eine Polarisationsaufnahme des gleichen Bildausschnitts.

 

Multiseriale (unregelmäßig gekammerte) Foraminiferen

Multiseriale Foraminiferen

Abb.: Multiseriale Foraminiferen, Foto: Prof. H. Kroll, Universität Münster, Bild links öffnen Bild rechts öffnen, Bestimmung: Dr. Chr. Scholz TFH Bochum, Fundort: Altenberge, Bildbreite ca. 0,75 mm

Dieser Typ von Foraminiferen zeichnet sich durch zahlreiche unregelmäßig aneinander gereihte Gehäusekammern aus, die mitunter traubenartige Gestalt haben.

 

Trochiospirale (schraubenförmig gekammerte) Foraminiferen 

Trochiospirale Foraminifere

Abb.: Trochiospirale Foraminifere, Foto: Prof. H. Kroll, Universität Münster, Bild öffnen, Bestimmung: Dr. Chr. Scholz TFH Bochum, Fundort: Altenberge, Bildbreite ca. 0,75 mm

Dieser Typ von Foraminiferen zeichnet sich durch einen schraubenförmigen Aufbau aus, bei dem die Gehäusekammern entlang einer Schraubenlinie aneinander gereiht sind.

 

Fossile Echinoidermata (Seeigel und Seelilien) im Altenberger Stein

Die Echinoidermata oder auch Stachelhäuter bilden eine große Gruppe von vielzelligen Organismen, zu denen unter anderem Seeigel (Echinoidea), See- und Schlangensterne sowie Seelilien (Crinoidea) gehören. Im Dünnschliff sind die Reste der Echinodermata gut dadurch zu erkennen, dass sie wie ein kristallographisch einheitlich orientierter Kalkspat-Kristall reagieren. Bei vielen der hier vorhandenen „Siebplatten“ handelt es sich um die Panzerplatten von Seeigeln, da im Altenberger Sandstein auch häufig Seeigelstachel gefunden wurden.

 

Seeigel (Echinoidea)

Beschreibung:
Seeigel (Echinoidea), sind kugel- bis scheibenförmige Echinodermen ohne Stiel und ohne Arme mit einem Gehäuse aus fest verbundenen Kalzittafeln. Sie sind seit dem Ordovizium nachgewiesen. Sie waren in der Kreide mit vielen Formen besonders zahlreich. Die siebartig aufgebauten Panzerplatten eines Seeigels besitzen eine sehr geringe Dichte von nur 1,2 g/cm3 und können dadurch weit transportiert werden und sind deshalb immer sehr viel größer als der Rest der Komponenten. Diese Reste machen ein Viertel der Fossilbruchstücke im Altenberger Stein aus.

Lebensweise:
Seeigel sind am Boden und im Boden (Schlick oder Sand) lebende Bewohner des Meeres. Besonders in der Kreide gab es regelrechte „Maulwürfe“ unter den Seeigeln, die sich durch die gezielte Bewegung der Stacheln in das Sediment eingraben konnten und sich auch darin fortbewegten.

Verbreitung und Lebensraum:
Heute gibt es noch ca. 800 Arten Seeigel, die alle Regionen der Ozeane von der Küste bis in die Tiefsee bewohnen. Selbst in 7000 m Tiefe gibt es noch Seeigel. Der größte Artenreichtum ist jedoch in wärmeren und gemäßigt warmen Meeren. Häufig leben sie auch im Bereich von Korallenriffen.

 

Seeigel, Schalenbruchstück 

Seeigel Schalenbruchstück

Abb.: Seeigel Schalenbruchstück, Foto: Prof. H. Kroll, Universität Münster, Bild öffnen, Bestimmung: Dr. Chr. Scholz TFH Bochum, Fundort: Altenberge, Bildbreite ca. 0,75 mm

 

Seeigelstachel, Querschnitt in Bildebene 

Seeigel Stachel, Querschnitt in Bildebene


Abb.: Seeigel Stachelbruchstück, Querschnitt in Bildebene, Foto: Prof. H. Kroll, Universität Münster, Bild öffnen, Bestimmung: Dr. Chr. Scholz TFH Bochum, Fundort: Altenberge, Bildbreite ca. 0,5 mm

 

Seeigelstachel, Längsschnitt in Bildebene 

SeeigelStachel, Längsschnitt in Bildebene


Abb.: Seeigelstachel, Längsschnitt in Bildebene, Foto: Prof. H. Kroll, Universität Münster, Bild öffnen, Bestimmung: Dr. Chr. Scholz TFH Bochum, Fundort: Altenberge, Bildbreite ca. 0,75 mm

 

Seelilien (Crinoidea), Abbildung im Abschnitt Polarisationsmikroskopie

Beschreibung:
Weitere im Dünnschliff zu sehende Reste der Echinodermata können den Seelilien (Crinoidea) zugeschrieben werden. Im Dünnschliff sind Reste von Echinodermaten schwer zu unterscheiden. Bei einigen Stücken ist aber ein erweiterter Zentralkanal zu erkennen, der die Einstufung als Seelilienstilglied zulässt. (Der rechte Echinodermatenrest in Bild drei). Da die Stiele von Seelilien bei einigen Arten bis zu 20 m lang werden konnten und ein einzelnes Stilglied nur wenige cm dick ist, können sie in Gesteinen sehr häufig sein.

Lebensweise:
Bei den gestielten Crinoidea, besteht das Tier aus dem Stiel mit Wurzel und Haftscheibe und dem i.d. R. becherförmigen Kelch, an dem fünf Arme angewachsen sind. Durch die meist häufig gegabelten Arme wird die planktonische Nahrung zum Mund gestrudelt.

Verbreitung und Lebensraum:
Die gestielten Crinoidea leben ausschließlich marin und sind sesshaft. Crinoiden gibt es seit dem Ordovizium, seit der Kreide leben sie weitgehend im tieferen Wasser zwischen 180 und 1000 m. Heute gibt es nur noch sehr wenige gestielte Crinoidenarten, von den 630 rezenten Arten verfügen nur noch 80 Arten über einen Stiel. Damals wie heute leben Crinoidea in großen Vergesellschaftungen.


 

Fossile Muscheln im Altenberger Stein

Beschreibung:
Muscheln (Bivalvia) sind im Süß- oder Salzwasser lebende Weichtiere mit zwei spiegelbildlich symmetrischen Kalkschalen (Klappen), die den Weichkörper des Tieres umgeben. Der Weichkörper selbst besteht aus einem Mantel, der den in der Mitte liegenden Rumpf sowie die seitlich liegende Kiemenhöhle umhüllt, Mund und After sowie einem Fuß, ein Kopf ist nicht ausgebildet. Die Schale selbst ist meist mehrschichtig aufgebaut. In der Regel handelt es sich bei den im Altenberger Stein gefundenen Schalenresten um Inoceramus sp. und um Ostrea sp. (Austern).

Lebensweise:
Muscheln leben auf oder auch im Untergrund (z.B. Bohrmuscheln). Es gibt aber auch Muscheln, die durch das Auf- und Zuklappen der Schalen schwimmen können. Manche Arten sind am Untergrund, auf dem sie leben, festgewachsen. Hierbei werden die Muscheln weiter unterschieden in: Arten, die mit der Spitze am Grund festgewachsen sind und Arten, die mit einer Klappe, meist der rechten, auf dem Untergrund festgewachsen sind. Austern sind dagegen mit der linken Schalenseite mit dem Untergrund verwachsen.

Verbreitung und Lebensraum:
Alle Muscheln leben im Wasser, die meisten Arten sind marin, einige vertragen aber auch Brackwasser und es gibt auch im Süßwasser lebende Muscheln. Am häufigsten ist die Verbreitung von Muscheln in Tiefen bis 50 m. Den größten Artenreichtum haben Muscheln in den Tropen.

 

Muschelbruchstück

Muschelbruchstück


Abb.: Muschelbruchstück, Foto: Prof. H. Kroll, Universität Münster, Bild öffnen, Bestimmung: Dr. Chr. Scholz TFH Bochum, Fundort: Altenberge, Bildbreite ca. 0,75 mm

 

 

Fossile Ostrakoden (Muschelkrebs) im Altenberger Stein 

Beschreibung:
Ostrakoden sind kleine Krebstiere, die zwischen 0,5 und etwa 2 mm groß werden können. Ostrakoden besitzen eine sehr variable Gestalt, aus Gruben, Knoten, Höckern, Leisten und Stacheln. Da sie sehr häufig sind werden sie gerne als Indikatoren für Erdöl-führende Gesteinsschichten verwendet. Nach den Foraminiferen sind Ostrakoden die wichtigsten Mikrofossilien.

Lebensweise:
Ostrakoden gehören wie die Foraminiferen zu der am Boden lebenden Fauna des Meeres. Vereinzelte Arten tolerieren auch Brackwasser und Süßwasser und es gibt auch einige schwimmende oder im Wasser treibende Arten.

Verbreitung und Lebensraum:
Auch heute noch sind Ostrakoden die individuenreichsten Krebstiere des Meeres. Sie bewohnen fast alle Biotope des Meeres und des Süßwassers.

 

Muschelkrebs-Bruchstück, Schräganschnitt

Muschelbruchstück, Schräganschnitt


Abb.: Muschelkrebs Bruchstück, Schräganschnitt (siehe Pfeil), Foto: Prof. H. Kroll, Universität Münster, Bild öffnen, Bestimmung: Dr. Chr. Scholz TFH Bochum, Fundort: Altenberge, Bildbreite ca. 0,5 mm

 

 

Bryozoen (Moostierchen) im Altenberger Stein 

Beschreibung:
Bryozoen (Moostierchen) sind mehrzellige im Wasser lebende Tiere, die ein schützendes Gehäuse besitzen. Äußerlich ähneln sie Korallen, sie sind nur sehr viel kleiner. Bryozoen kommen seit dem Erdaltertum (Ordovizium) bis heute vor. Besonders in der oberen Kreide und im Alttertiär gibt es Gesteine die zum größten Teil aus Bryozoenresten bestehen. Im Altenberger Stein finden sich nur stark zerbrochene Bryozoen. Dies ist ein Hinweis darauf, dass die Tiere nicht im Bereich von Altenberge gelebt haben sondern in diesen Bereich transportiert wurden.

Lebensweise:
Die einzelnen Moostierchen leben in der Regel nicht allein sondern bilden wenige 10ner cm große Kolonien, die von der Form ein netzartiges Kalkskelett darstellen.

Verbreitung und Lebensraum:
Der überwiegende Teil der Bryozoen lebt im Meer in Wassertiefen bis zu 8300 m. Nur wenige Arten leben im Süßwasser. Am arten- und individuenreichsten sind sie aber in den Meereszonen des Kontinental-Schelfs, wo sie zwischen 20-80 m Tiefe die besten Lebensbedingungen vorfinden. Die vorherrschenden ökologischen Faktoren wie Wassertiefe und Strömungsgeschwindigkeit bestimmen die Wuchsform der Kolonien.

 

Bryozoen (Moostierchen-Kolonie)

Moostierchen


Abb.: Moostierchen, siehe Pfeil, Foto: Prof. H. Kroll, Universität Münster, Bild öffnen, Bestimmung: Dr. Chr. Scholz TFH Bochum, Fundort: Altenberge, Bildbreite ca. 0,75 mm

 

Polarisationsmikroskopie des Altenberger Stein s

Mit Hilfe des Polarisationsmikroskops lassen sich die Bestandteile des Gesteins unter anderem anhand ihrer unterschiedlichen Interferenzfarben identifizieren. In den Bildausschnitten unten sind die Bestandteile des Altenberger Steins gut voneinander zu unterscheinden: Fossilien (blaugrau, Kalzit) und vereinzelte Quarzkristalle (klare rötliche und blau Farben) in einer Grundmasse aus "verbackenen" Fossilbruchstücken und grob kristallisiertem Kalzit.

Echinodermaten-Rest und Foraminifere 

Polaristionsaufnahme Altenberger Kalkstein, Echinodermatenrest und Foraminifere


Abb.: Echinodermaten-Rest und Foraminifere, Foto: Prof. H. Kroll, Universität Münster, Bild öffnen, Bestimmung: Dr. Chr. Scholz TFH Bochum, Fundort: Altenberge

Bryozoen und Foraminifere 

Polaristionsaufnahme Altenberger Kalkstein, Bryozoen und Foraminifere


Abb.: Bryozoen und Foraminifere, Foto: Prof. H. Kroll, Universität Münster, Bild öffnen, Bestimmung: Dr. Chr. Scholz TFH Bochum, Fundort: Altenberge, Bildbreite ca. 0,75 mm

 

Echinodermatenreste (u. a. Seelilie, Bildmitte) 

Polaristionsaufnahme Altenberger Kalkstein, Echinodermatenrest


Abb.: Echinodermatenreste, Foto: Prof. H. Kroll, Universität Münster, Bild öffnen, Bestimmung: Dr. Chr. Scholz TFH Bochum, Fundort: Altenberge, Bildbreite ca. 0,75 mm

 

Echinodermatenreste und Foraminifere 

Polaristionsaufnahme Altenberger Kalkstein, Echinodermatenreste und Foraminifere


Abb.: Echinodermatenreste und Foraminifere, Foto: Prof. H. Kroll, Universität Münster, Bild öffnen, Bestimmung: Dr. Chr. Scholz TFH Bochum, Fundort: Altenberge, Bildbreite ca. 0,75 mm

 

Foraminiferen-Längsschnitt 

Polaristionsaufnahme Altenberger Kalkstein, Foraminiferen-Längsschnitt


Abb.: Foraminiferen-Längsschnitt, Foto: Prof. H. Kroll, Universität Münster, Bild öffnen, Bestimmung: Dr. Chr. Scholz TFH Bochum, Fundort: Altenberge, Bildbreite ca. 0,75 mm

 

Foraminifere und Ostracode 

Polaristionsaufnahme Altenberger Kalkstein, Foraminifere und Ostracode


Abb.: Foraminifere und Ostracode, Foto: Prof. H. Kroll, Universität Münster, Bild öffnen, Bestimmung: Dr. Chr. Scholz TFH Bochum, Fundort: Altenberge, Bildbreite ca. 0,75 mm